Dienstag, 11. Oktober 2016

Strandbad Müggelsee, ein Kulturdenkmal von Nationaler Bedeutung –  Wie geht es weiter?

Fragen des Vereins „Bürger für Rahnsdorf e.V.“ und seines Runden Tisches „Strandbad Müggelsee“ an die Parteien im Bezirk Treptow-Köpenick
und die Antworten


  1. Unter maßgeblicher Mitwirkung des gemeinnützigen Vereins „Bürger für Rahnsdorf“ und seines seit 10 Jahren erfolgreich tätigen Runden Tisches ist bereits vor vier Jahren ein Konzept für die Nutzung der im Strandbad vorhandenen Gebäude entwickelt worden. Dieses Nutzungskonzept ist im Jahre 2011 vom Bezirksamt befürwortet und von den zuständigen Denkmalschutzbehörden abgesegnet worden. Insbesondere der Plan zur Nutzung der ehemaligen Großgaststätte („Discowürfel“) als Wellnessoase mit Schwimmbad, Physiotherapie, gehobener Gastronomie u.a. findet bei der Bevölkerung großen Anklang.
Frage 1.: Sind Sie bereit, sich für die Durchsetzung dieses Nutzungskonzepts, das den Erhalt und die zweckmäßige Umgestaltung des „Discowürfels“ und des Saunagebäudes beinhaltet, einzusetzen?



SPD (Karin Zehrer):
Die Sanierung und der Betrieb des Strandbadgebäude-Ensembles sollte ursprünglich für die Vergabe eines Erbbaurechts mit Sanierungsverpflichtung an einen privaten Investor erfolgen. Dafür hatten mehrere Bewerber entsprechende Ideen und Konzepte eingereicht. Voraussetzung für die Vergabe an einen privaten Dritten war jedoch die Entwidmung der Gebäude als öffentliche Sportanlage, um kommerzielle Angebote überhaupt erst zu ermöglichen. Das dafür notwendige Verfahren zog sich – auch aufgrund von Widersprüchen von Sportverbänden – über Jahre hin. Durch das Engagement des Bundestagsabgeordneten Matthias Schmidt gelang es, für die Sanierung vier Millionen Euro Bundesmittel zu erhalten, weitere vier Millionen steuert der Senat bei. Durch diese öffentlichen Mittel, also Steuermittel, ist eine Vergabe an einen Privaten nicht mehr möglich. Das Bundesamt für Kultur und Medien, der Fördermittelgeber, fordert den Abriss des Discowürfels. Auch aus denkmalpflegerischer Sicht ist der Erhalt der Bauruine nicht zu rechtfertigen. Mutmaßlich verursacht der Discowürfel Schäden am denkmalgeschützten Gebäude, die einen Abriss unausweichlich machen würden. Das Saunagebäude hingegen soll im Rahmen der Gesamtsanierung saniert werden.



CDU (Maik Penn):
Zunächst einmal muss tagesaktuell sehr deutlich gemacht werden, dass es in erster Linie langjährig engagierte Bürger waren, die hartnäckig am Ball blieben. Dass nunmehr einzelne Parteienvertreter die zuletzt positive Entwicklung für sich reklamieren wollen, hat mich wenigstens irritiert. Gerne - um nicht zu sagen: selbstverständlich - bin ich bereit mich dafür einzusetzen, dass im Sinne des bisher abgestimmten Konzeptes weitere Gespräche geführt und Entscheidungen getroffen werden!



Die Linke (Carsten Schatz):
Seitens des Bezirksamtes liegt eine Machbarkeitsstudie vor. Ein Konzept für die Nutzung des Areals ist uns seitens des Bezirksamtes nicht bekannt. Das sehen wir allerdings als Voraussetzung für bauliche Veränderungen. Da ein übereilter Abriss von Sauna und Diskowürfel jegliche künftige Nutzung, insbesondere Bebauung, nach Wegfall des Bestandsschutzes aus Naturschutz- und Trinkwasserschutzgründen ausschließen würde. Deshalb besteht aus unserer Sicht kein Grund für die Schaffung von Tatsachen, bevor ein Nutzungskonzept nicht vorliegt. Und deshalb unterstützen wir auch die Unterschriftenaktion der Bürgervereine.



Bündnis 90/Die Grünen (Axel W. Sauerteig):
Soweit es im Sinne des Denkmalschutzes und aller Nutzungsinteressen und –möglichkeiten vereinbar ist, sollten sowohl die ehemalige Großgaststätte und das Saunagebäude in ein Nutzungskonzept eingebunden werden. Allerdings sollte die Gestaltung so erfolgen, dass diese Erweiterungsbauten auch perspektivisch dem denkmalgeschützten Teil untergeordnet sind.



AfD (Karl Rößler):
Sollte sich herausstellen, dass ein Abriss des „Discowürfels“, entgegen der Behauptung der „Experten“, nicht gerechtfertigt oder dessen Erhalt durch Abdichtungsmaßnahmen mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand möglich ist, wird sich die Partei „Alternative für Deutschland“ für die Umsetzung des vom Verein „Bürger für Rahnsdorf“ vorgelegten und in sich schlüssigen Nutzungskonzepts einsetzen.





  1. Das Nutzungskonzept wird nicht nur von unserem Verein favorisiert, sondern auch von den Vorständen des Bürgervereins Friedrichshagen e.V., des Bürgervereins Wilhelmshagen/Rahnsdorf e.V. und des Unternehmerclubs Berlin Südost e.V. uneingeschränkt unterstützt. Bezirksbürgermeister Igel (SPD) jedoch negiert den Bürgerwillen und verkündete am 15.06.2016 vor versammelter Presse, dass der Abriss des Gebäudes („Discowürfel“) für Anfang 2017 beschlossen sei.
Frage 2: Wie stehen Sie zu der Forderung nach Einbeziehung der Bürger und Bürgervereine und nach höchstmöglicher Transparenz der erforderlichen Entscheidungsverfahren bei Planung, Vergabe und Betreibung?



SPD (Karin Zehrer):
Die Studie zur Inwertsetzung des Strandbades wurde am 12. Februar 2016 in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt und gemeinsam mit der Bürgerschaft diskutiert. Die Darlegung der Experten wurde überwiegend von den Gästen geteilt. Die wesentlichen Ergebnisse der Studie wurden noch am selben Tag im Internet veröffentlicht und sind seitdem verfügbar. Bezirksbürgermeister Igel hat zudem angekündigt, auch bei den nächsten Schritten die Öffentlichkeit zu informieren: über die Auswahl des Planerteams und nach erfolgter Arbeit die Vorstellung des Schadensgutachtens und des Sanierungskonzeptes. Die Vergabe der Planungs- und Sanierungsaufträge lassen sich jedoch vergaberechtlich nicht mit einer Bürgerbeteiligung verknüpfen, da es sich um formelle Verfahren handelt, die streng nach Vergabegrundsätzen zu behandeln sind.



CDU (Maik Penn:)
Bei einer Versammlung des Bürgervereins Wilhelmshagen-Rahnsdorf e.V. am 12.08.2016 wollte die anwesende SPD-Kandidatin Karin Zehrer eine entsprechende Unterschriftenaktion stoppen, die den Bezirk auffordert, beim bisherigen Nutzungsansatz zu bleiben. Dies empfanden dem Grunde nach sämtliche Anwesende als außerordentlich merkwürdig. Es ist für mich gar keine Frage, dass man Bürger und Bürgervereine einbezieht. Übrigens auch parteiübergreifend zusammenarbeitet. Hierzu bin ich bereit, da hier nur ein Gemeinschaftsprojekt Erfolg haben kann!



Die Linke (Carsten Schatz):
Über die weitere Nutzung wird sich das künftige Bezirksamt verständigen. Voraussetzung dafür ist die breite Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, insbesondere der organisierten Bürgerschaft. DIE LINKE wird sich dafür einsetzen, dass die Vorschläge des Runden Tisches „Strandbad Müggelsee“, der Bürger für Rahnsdorf e.V., des Bürgervereins Friedrichshagen e.V. und des Unternehmerclubs Berlin Südost e.V. geprüft werden und bevor ein endgültiges Konzept beschlossen wird, eine breite Bürgerbeteiligung erfolgt. 
  
Bündnis 90/ Die Grünen (Axel W. Sauerteig):
Grüne Politik setzt immer auf Partizipation. Deshalb ist uns an dieser Stelle auch die Beteiligung aller Nutzerinnen und Nutzer, aller Bürgerinnen und Bürger aus dem Umfeld und natürlich aller interessierten Verein unabdingbar wichtig.



AFD (Karl Rößler):
Die Partei „Alternative für Deutschland“ unterstützt die Forderung nach transparenten Entscheidungsverfahren der Behörden, in denen die Bürger und Bürgerinitiativen möglichst bereits in der frühen Phase der Planung beteiligt werden sollten. Im Fall des „Strandbads Müggelsee“ wird die Forderung auf vollständige Offenlegung der Expertenaussagen uneingeschränkt unterstützt.




  1. Nach der wiederholten Aussage des Bezirksbürgermeisters Igel sind Experten der Ansicht, der Abriss des vom Bürgermeister als „marode“ bezeichneten „Discowürfels“ sei dringend geboten. Diese Aussage findet sich bereits in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 7.12.2015 (Nr.: VII/0899) sowie in einer vom Bezirksamt in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie der dwif Consulting GmbH. Der Verein „Bürger für Rahnsdorf“ und sein Runder Tisch hatten das Bezirksamt am 23.2.2016 um Aushändigung der entsprechenden Untersuchungsergebnisse der Machbarkeitsstudie gebeten. Dieser Antrag war abschlägig beschieden worden.
Frage 3: Teilen Sie mit uns die Auffassung, dass, wie es auch das Informationsfreiheitsgesetz vorsieht, die Behörde Bürgern in laufenden Entscheidungsverfahren Akteneinsicht zu gewähren hat, um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Anliegen und Vorschläge in das Verfahren einzubringen?



SPD (Karin Zehrer):
Das Informationsfreiheitsgesetz sieht ausdrücklich nicht vor, dass in laufenden Entscheidungsverfahren Akteneinsicht gewährt wird. So heißt es in §10 (1), Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses: "Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht bis zum Abschluss eines Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie für Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Dies gilt nicht für die Ergebnisse von abgeschlossenen Verfahrenshandlungen eines Verwaltungsverfahrens, die für die Entscheidung verbindlich sind. Hierzu gehören insbesondere Ergebnisse von Beweiserhebungen sowie bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsverfahren verbindliche Stellungnahmen anderer Behörden." Das heißt im Umkehrschluss, dass ein Antrag auf Akteneinsicht nicht abgelehnt, sondern zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werden kann. Dieser Absatz im Informationsfreiheitsgesetz hat unter anderem nachvollziehbare vergaberechtliche und urheberrechtliche Gründe. Bezirksverordnete können Akteneinsicht beantragen, was auch in verschiedenen Fällen gewährt und wahrgenommen wird. Sie sind jedoch in solchen Fällen zur Geheimhaltung bis zum Abschluss des Verfahrens verpflichtet. Wer sich als Bieter schon mal in einem Vergabeverfahren beworben hat, kann die Gründe nachvollziehen.



CDU (Maik Penn):
Wer die Bürger tatsächlich einbeziehen will, der hat auch alle hierfür notwendigen Karten auf den Tisch zu packen! Gerne biete ich in diesem Zusammenhang an, dass ungeklärte Fragen und Hintergründe durch die CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick offiziell schriftlich beim Bezirksamt geklärt bzw. hinterfragt werden.



Die Linke (Carsten Schatz):
Bei laufenden Verwaltungsverfahren besteht nach dem Informationsfreiheitsgesetz (§10 (1)) kein Anspruch auf Akteneinsicht. Eine Bürgerbeteiligung, wie wir sie wollen, macht aber eine solche auch unnötig. DIE LINKE will  eine vertrauensvolle Informations- und Abstimmungskultur insbesondere mit der organisierten Bürgerschaft, sodass Sie auch über nicht abgeschlossene Vorgänge in Kenntnis gesetzt werden. 



Bündnis 90/Die Grünen (Axel W. Sauerteig):
Alle Verfahrensschritte sollten öffentlich und transparent sein, auch ohne das Informationsfreiheitsgesetz erst bemühen zu müssen. Nur so kann ja die volle Beteiligung aller Beteiligten mit allen notwendigen Informationen gewährleistet sein.



AFD (Karl Rößler):
Soweit keine bindenden Vorschriften dem entgegenstehen, sollte auch interessierten Bürgern und Bürgerinitiativen Akteneinsicht ermöglicht werden, um gegebenenfalls rechtzeitig eigene Vorschläge einbringen bzw. Bedenken äußern zu können.






Bürger für Rahnsdorf e.V.                                                                       Berlin, 17.09.2016